Pfalz - Die Reizvolle

Pfälzer Wein

Die etwa 80 Kilometer lange Pfalz ist mit rund 23.500 Hektar Deutschlands zweitgrößtes Weinbaugebiet, und ihre landschaftlichen Reize machen sie zu einem beliebten Reiseziel. Auch weinhistorisch hat die Region einiges zu bieten, denn zahlreiche, in jüngerer Vergangenheit entdeckte und restaurierte Kelteranlagen - jahrhundertelang waren sie unter Rebstöcken verborgen - beweisen, dass an den Hängen des Pfälzer Waldes schon die Römer Reben kultivierten.

Der südlichste Teil der Region ist nach Baden die sonnenreichste und wärmste deutsche Weinbauregion. In ganz besonders vor kalten Winden geschützten Lagen, wie etwas in dem Talkessel von Birkweiler bei Landau, nimmt die Vegetation gelegentlich schon fast südländische Züge an. Auch die vielfältigen Bodenformationen kommen der Ausdruckskraft der Weine entgegen. Buntsandstein, Lehm, Mergel, Keuper, Muschelkalk, Porphyr, Granit und Schiefer - kaum eine Bodenart, auf der Reben gedeihen, fehlt in der Pfalz.

Weinbaugesetzlich wird die Pfalz in zwei Bereiche gegliedert, doch eigentlich muss man drei unterscheiden: Das nördlichste Drittel, die Deutsche Weinstraße, reicht von der rheinhessischen Grenze bei Worms bis nach Grünstadt, das zweite, die Mittelhaardt, bis südlich von Neustadt und das letzte schließlich, die Südliche Weinstraße, bis zur elsässischen Grenze bei Wissembourg.


Feinste Lagen in der Mittelhaardt

Im Norden kann der Pfälzer Weinbau seine Verwandtschaft mit dem des benachbarten Rheinhessen kaum leugnen. Das wird schon an den weiten Rebflächen deutlich, die an den sanft abfallenden Hängen beiderseits der Autobahn von Mannheim nach Kaiserslautern sichtbar werde. Soweit das Auge reicht, dehnen sich Reben aus, die oft maschinell bewirtschaftet und von deren Trauben selten anspruchsvolle Weine gekeltert werden.

Das hochwertigste Weingebiet, das auch die besten touristischen Reputation besitzt, ist die Region zwischen Herxheim und Neustadt, die so genannte Mittelhaardt. Ihre Lagen und ihre Buntsandstein-Verwitterungsböden sind die anerkannte besten der Pfalz. Weinorte wie Kallstadt, Wachenheim, Forst, Deidesheim oder Ruppertsberg sind jedem Weinfreund ein Begriff und Lagennamen wie Ungeheuer oder Reiterpfad stehen auch international für das Prestige der Pfälzer Weine, allen voran der Rieslinge.

Obwohl die Pfalz im Unterschied zu den nördlicheren Weinbaugebieten nicht als reines Riesling-Land gilt, ist die Sorte auch hier am stärksten vertreten und belegt etwas mehr als ein Fünftel der Rebfläche. Müller-Thurgau folgt in geringem Abstand, während Kerner, Portugierser, Silvaner oder Scheurebe kaum Bedeutung besitzen.

Die Spitzenlagen der Mittelhaardt könnten auch in einer deutschen Lagenklassifizierung zur Spitzengruppe gehören, gleichauf mit denen von Mosel oder Rheingau, was übrigens schon in den Katastralregistern des 19. Jahrhunderts, in denen die einzelnen Weinberge im Hinblick auf ihr Potential bewertet wurden, der Fall war. Rieslinge von diesen Spitzenlagen sind meist fester strukturiert, alkoholreicher und werden trockener ausgebaut als ihre Pendants aus dem Norden.


Der Aufstieg der Südpfalz

Die dritte Teilregion der Pfalz, die Südliche Weinstraße, wird leider auch heute noch von einer Art Weinbau dominiert, deren Hauptziel in der Produktion möglichst großer Traubenmassen für die Tankanlagen der Winzergenossenschaften zu bestehen scheint. Der Mengenrausch, der die Winzer schon vor mehr als drei Jahrzehnten erfasste, führte etwa dazu, dass allein zwischen 1979 und 1982 rund 1.000 Hektar Rebfläche neu bestockt wurden - natürlich mit hochproduktiven Sorten und Anlagen in der Ebene, wo von Qualitätsweinbau kaum die Rede sein konnte. Folgerichtig war die Südpfalz noch bis vor kurzem hauptsächlich im Fassweinverkauf tätig. 1971, als Gebietsverschnitte noch erlaubt waren, wurden mit den Pfälzer Weinen die sauersten Moselaner trinkbar gemacht, später flossen große Mengen als Liebfrauenmilch in den Handel. Bis heute wird rund die Hälfte der Pfälzer Weine außerhalb der Region gefüllt.

Doch auch in der Südpfalz gibt es ganz hervorragende Weinlagen, so der Godramsteiner Münzberg, der Siebeldinger Im Sonnenschein oder auch Kastanienbusch und Madelberg in Birkweiler. Die eher fette, tiefgründigen Böden mit ihrem hohen Kalkanteil eignen sich besonders für die Burgundersorten, denen sie ein ausgezeichnetes Umfeld bieten. Mit der zunehmenden Popularität dieser Burgunder und ihrer Qualität als idealen Speisebegleitern - im Gegensatz zum heutzutage oft viel zu früh gefüllten und getrunkenen Riesling, der diese Rolle nur schwerlich übernehmen kann -, liegt die Südpfalz daher gut im Trend.

Während die renommierten Großgüter der Mittelhaardt noch einen Ausweg aus ihrer selbst geschaffenen Qualitätskrise suchten, traten vor allem in der Südpfalz zwischen Mitte und Ende der 1980er Jahre einige dynamische Jungwinzer in die Öffentlichkeit, die bald zu den innovativsten in ganz Deutschland zählten. Zusammen mit Kollegen aus anderen Teilen der Region modernisierten sie zunächst die Kellerarbeit, führten Stahltanks und Barriques für Gärung und Vinifizierung ihrer Weine ein, setzten auf radikale Ertragsbegrenzung und versuchten sich sogar im Ausbau auch international präsentabler Rotweine. Vor allem wiesen sie einen Weg, der das enorme Qualitätspotential der Pfälzer Weinberge wieder nutzen und ausschöpfen würde. Sie knüpften damit an die Tradition der bürgerlichen Großgüter der Mittelhaardt an, die aus der Säkularisierung unter Napoleon hervorgegangen waren.

Entnommen dem vorzüglichen und umfangreichen Werk "Wein" vom André Dominé aus dem Jahre 2000, in Teilen zitiert.

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