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 Franken ist eine der solidesten und zugleich...

Franken

Franken ist eine der solidesten und zugleich populärsten Weinbauregionen Deutschlands. Die Rebhänge an Main und Steigerwald, deren entfernteste Ausläufer im Westen das Rhein-Main-Gebiet, im Osten das Bistum Bamberg erreichen, ziehen schon seit langem Weingenießer aus allen Himmelsrichtungen an, die die bodenständige, klare und geradlinige Art der Frankenweine zu schätzen wissen.
Zentrum des Gebiets ist die alte Bischofsstadt Würzburg mit der Festung Marienberg und den Renaissance- und Rokokobauten im Stadtkern: architektonischen Kleinoden, die im Krieg zerstört, aber mit bewundernswerter Liebe zum Detail wieder aufgebaut wurden. Beherrscht wird die Stadt von der berühmten Lage Am Stein, die aus der Ferne betrachtet wie eine Mauer über den Dächern zu stehen scheint. Mit gut zwei Kilometern Länge und 92 Hektar Fläche ist sie die größte geschlossene deutsche Steillage überhaupt, wobei sich ihr bester Teil, die so genannte Stein/Harfe, im Alleinbesitz des Bürgerspitals befindet.
Am Stein herrschen klimatische Bedingungen, wie man sie so weit nördlich nicht vermuten würde. Selbst seltene Eidechsenarten, die sonst erst viel weiter im Süden anzutreffen sind, haben sich hier angesiedelt und genießen die starke Sonneneinstrahlung, die von den hellen Böden reflektiert und dadurch verstärkt wird.
Ansonsten dominiert in Franken kontinentales Klima mit kalten, vom Main und seinen kleineren Zuflüssen kaum gemilderten Wintern und warmen, recht trockenen Sommern, die für optimale Reifebedingungen der Trauben sorgen. An Bodenformationen ist der fränkische Weinbau eher arm, vergleicht man die Verhältnisse hier mit der geologischen Vielfalt der Pfalz oder Badens. Die Böden des Mainvierecks, des westlichsten Teils der Region, werden von verwittertem Urgestein und Buntsandstein geprägt, die des Maindreiecks weiter östlich dagegen von Lehm, Löß und Muschelkalk. Im Steigerwald beherrscht Keuper das Bild. 

ZURÜCK ZUR BODENSTÄNDIGKEIT

Bereits im 8. Jahrhundert begannen fränkische Mönche hier mit dem Weinbau, und im Mittelalter dehnte sich die Rebfläche der Region auf fast 100 000 Hektar: so viel beträgt heute die Gesamtrebfläche Deutschlands. Franken war damals das größte Anbaugebiet des Kaiserreichs, seine Weinbaufläche übertraf die der Mosel oder der rechts- und linksrheinischen Gebiete bei weitem.

Heute sieht die Situation deutlich anders aus: Mit wenig mehr als 6 000 Hektar Rebfläche liegt der fränkische Weinbau nur noch an sechster Stelle der deutschen Anbaugebiete. Nicht einmal zehn Prozent der mehr als 7 000 Winzer, die sich auf dieser Fläche betätigen, vermarkten ihre Weine eigenständig. Die überwiegende Mehrheit liefert ihre Traubenlese an die diversen Genossenschaften, die dann ihrerseits die Moste oder Weine zum großen Teil an die gewichtige Gebietswinzergenossenschaft in Kitzingen weiterreichen, wo sie abgefüllt und in den Handel gebracht werden. Franken war in der Vergangenheit vor allem als Silvaner-Land bekannt. Die säurearme, im Charakter verhaltene Sorte geriet auf den Muschelkalkböden des Maindreiecks hervorragend und entwickelte hier einen starken, fast ein wenig erdig wirkenden Charakter. Inzwischen hat sich das Bild jedoch gewandelt. Viele Winzern erschien die Sorte im Anbau plötzlich zu problematisch, und der Verbraucher gab aus Unkenntnis nach. Heute muss sich der alteingesessene Silvaner mit einem Fünftel seiner ursprünglichen Flächen zufrieden geben, den Rest hat er Müller-Thurgau überlassen müssen, der zeitweise sogar die 50-Prozent-Grenze erreichen konnte. Zum Glück entwickelt sich der Trend in den letzten Jahren gegenläufig, und immer mehr Verbraucher entdecken die Vorzüge des bodenständigen, grundehrlichen Silvaners gegenüber dem Massenträger Müller-Thurgau wieder neu.
Mit anderen Sorten ist die Region dagegen eher spärlich gesegnet. Allein die weiße, dichtbeerige Sorte Bacchus mit dem schwachen Muskatton erreicht mit etwa einem zehntel noch einen nennenswerten Anteil an der Gesamtrebfläche, wobei Riesling und Rieslaner vor allem im edelsüßen Bereich ausgezeichnete Resultate hervorbringen können. Dabei stellen restsüße Weine in Franken im Unterschied zu fast allen anderen Weinbaugebieten eine absolute Ausnahme dar. Der Großteil der Produktion wird trocken ausgebaut, und die Franken verwenden für ihre Weine sogar eine besondere Geschmacksbezeichnung: "Fränkisch trocken" sind sie, wenn sie weniger als vier Gramm Restzucker aufweisen. 

Frankens Weinberge sind zwar zu gut 95 Prozent mit weißen Reben bestockt, doch in den letzten Jahren hat eine kleine Gruppe von Winzern bewiesen, dass die Region auch ein gutes Potential für Rotweine hat. Die Früh- und Spätburgunder aus Bürgstadt waren schon länger für ihre Qualitäten bekannt, aber seit geraumer Zeit werden auch in der Gegend von Randersacker und Nordheim überzeugende Rotweine aus den Sorten Domina oder Schwarzriesling gekeltert.  

TEUFELSKELLER UND KÜCHENMEISTER

Obwohl das Gebiet in nur drei Bereiche unterteilt wird - lässt man den bayerischen Bodensee, der weinbaumäßig von nur geringer Bedeutung ist, einmal unberücksichtigt  -, kann man doch recht gut mehrere Weinbauzentren unterscheiden, die durch jeweils eigenständige Weintypologien charakterisiert sind. Im geografischen Zentrum der Region liegt auch einer der unbestrittenen Schwerpunkte des fränkischen Weinbaus, der sich von Würzburg über Randersacker bis nach Sommerhausen erstreckt.
Mit dem Würzburger Stein, Innerer Leiste und Abtsleite, mit den Randersackerer Lagen Pfülben, Teufelskeller und Sonnenstuhl besitzt dieses Gebiet auch einen Großteil der wirklich renommierten fränkischen Weinberge. Ausdrucksvolle Rieslinge und würzige Silvaner sind die Spezialitäten der Gegend, aber auch der Müller-Thurgau bringt gelegentlich eindrucksvolle Spätlesen hervor, ganz zu schweigen von den bereits erwähnten Randersackerer Versuchen im Rotweinbereich, die für die Zukunft durchaus optimistisch stimmen.
Hat man das Knie des Maindreiecks flussaufwärts hinter sich gelassen, gelangt man nach Sulzfeld und Kitzingen, wo die große Gebietswinzergenossenschaft der Region ansässig ist und abgesehen von einigen furchtlosen Winzern kaum jemand Qualitätsweinbau betreibt. Deutlich hoffnungsvoller sieht es wenige Kilometer östlich von Kitzingen aus, wo bei Iphofen mit dem Steigerwald eine völlig anders geartete Weinbaulandschaft wartet. Hier ist kein mildernder Einfluss des Flusslaufs mehr zu spüren, und wäre nicht die nach Osten und Norden schützende Bergkette, würde man in diesem an sich schon sehr rauen Klima wohl auch kaum an Weinbau denken.
Iphofen mit seinem weltberühmten Julius-Echter-Berg und dem Kalb, das nahe Rödelsee mit dem Küchenmeister - ob der Lagenname einst als Hinweis auf die Weinqualität zu verstehen war, ist spekulativ - und der Schwanleite, und schließlich das weiter nordöstlich gelegene Castell mit seinem Schlossberg sind die wichtigen Weinbaugemeinden am Steigerwald. Dessen hohe Weinbergflächen bringen ausgezeichnete Rieslinge und Silvaner hervor, aber auch die fränkische Züchtung Rieslaner, Kerner, Scheurebe und die Burgundersorten gelingen recht gut und sorgen gelegentlich, wie auch die seltene Huxelrebe, für ganz hervorragende Beeren- und Trockenbeerenauslese.         

(entnommen aus dem vorzüglichen und umfangreichen Werk "Wein" vom André Dominé aus dem Jahre 2000, in Teilen zitiert)

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