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 Venetien gehört mit Sizilien und Apulien...

Venetien

Venetien gehört mit Sizilien und Apulien zu den produktivsten Weinbaugebieten Italiens. Rund acht Millionen Hektoliter werden aus den etwa 40 kultivierten Rebsorten produziert. Während die Provinz Verona im Westen mit So­ave, Valpolicella und Bardolino einige der popu­lärsten italienischen Weine hervorbringt - mit dem Amarone sogar einen der großen Rotweine des Landes - fristen die Weine von Breganze, Colli Berici und Colli Euganei, von Piave oder Lison-Pramaggiore, ein nahezu anonymes Dasein. Lediglich der Prosecco konnte sich im Ostteil der Region als starke Herkunftsbezeichnung etablie­ren.

Die dominierende Rebsorte Venetiens ist die tragreiche weiße Garganega, die Hauptsorte des Soave und Gambellara. Ihr aromatisches Potential kommt erst auf besonders mageren Böden zur Geltung. Dann kann sie duftige Weißweine mit feinem Zitronen- und Mandelaroma hervorbringen. Die roten Sorten führen Corvina Veronese, Corvinone, Rondinella und Molinara. Corvina ist auch die Basis des Recioro, die süße Variante des Valpolicella. Daneben findet man natürlich auch hier wie beinah überall Chardonnay, Cabernet oder Merlot.

Schwere Veroneser

Valpolicella, das rote Pendant zum weißen Soave, stammt aus den Tälern nördlich von Verona. Wie das des Soave- ist das Valpolicella-Gebiet zweigeteilt. In der Classico-Zone um San Pietro in Cariano, Fumane und Negrar reifen in 150 bis 450 Metern Höhe Trauben, aus denen sehr ge­schmacksintensive, interessante Weine erzeugt werden, während die 1968 "eingemeindeten" Flä­chen im Etsch-Tal, die dreimal so groß sind wie das Kerngebiet, jenen Massenwein hervorbrin­gen, der als Valpolicella die Supermarktregale in Europa füllt.

Schon immer wurde ein Teil der Trauben des Valpolicella nach der Ernte auf Holzrosten ge­trocknet. Im Dezember oder Januar kelterte man dann einen Wein, dessen hohe Zuckerkonzentra­tion ihn nicht mehr vollständig durchgären ließ. Das süße Resultat dieses Verfahrens war der Recioto della Valpolicella. Einige der natürlichen Hefen des Anbaugebiets sind aber durchaus in der Lage, auch den hohen Zuckergehalt rosinier­ter Trauben in Alkohol umzuwandeln. Als man in den 1950er Jahren diese Fähigkeit systematisch zu nutzen begann, war der Amarone geboren, ein opulenter, kräftiger, alkoholreicher Rotwein. Eine dritte Variante des Valpolicella entstand in den 1970er und 1980er Jahren, als die Winzer sich der Technik des Ripasso besannen und den durchgegorenen Valpolicella zu den abgepressten Schalen des vergorenen Recioto oder Amarone gaben, um ihn mit den Resten von Zucker und Hefen erneut gären zu lassen. Diese Weine wer­den häufig unter der DOC-Bezeichnung Superiore oder als Tafelweine gefüllt.

Amarone

Das Gut Quintarelli in den Hügeln oberhalb von Negrar umfasst zwölf Hektar Weinberge, von denen die meisten zur Classico-Zone des Valpolicel­la gehören. Schon Anfang der 1980er Jahre begann Quintarelli neue Sorten zu testen: neben Tradi­tionssorten des Valpolicella hielten Cabernet Franc und Sauvignon sowie Sangiovese, Neb­biolo, Croatina, Garganega, Saorin und Treb­biano Toscano Einzug. Sie gehen zum Teil in den Valpolicella ein, während aus Cabernet ein Tafelwein namens Alzero entsteht, der ähnlich wie Amarone bereitet wird. Recio­ro und Amarone reifen sieben Jahre in Fässern aus slawonischer Eiche. Verbliebener Restzucker führt in der Fassreife zu weiteren Gärphasen, was den Wei­nen ihren hohen Alkoholgehalt von 14 bis 15 Volumenprozent und besonders üppige Aro­men verleiht. Sind Amarone und Alzero bei der Flaschenfüllung weitgehend trocken, verbleibt dem nur in besten Jahren produzierten Recio­to ein hoher Restzuckergehalt. Rare Höhe­punkte sind Amarone Riserva und Recioto Riserva: die besten Fässer bester Jahrgänge erge­ben je Wein kaum mehr als 2500 Flaschen. Auch der normale Valpolicella genießt sorgsa­me Pflege. Eingemaischt, sieben Tage auf den Schalen vergoren, gepresst und in Tanks gefüllt, wartet er bis April auf den Abstich des Ama­rone, um auf dessen Schalen gepumpt zu wer­den. Der Restzucker führt zur zweiten Gärung des Valpolicella.

Sommerstimmung am Gardasee

Zur großen Gruppe neutraler Weißweine Vene­tiens gehört das Gros der Produktion des Bianco di Custoza. Neben der Soave-­Rebe Garganega prägt die Allerweltssorte Treb­biano Toscano sein Geschmacksbild. Direkter Nachbar des Custoza ist der rote Bardo­lino. Obwohl aus den gleichen Trauben wie Val­policella gekeltert, fallen die Weine heller und leichter aus. Als Bardolino Chiaretto kommt eine Rosé-Version auf den Markt, die oft interessanter ist als der eigentliche Bardolino.

Prosecco 

Der Ursprung der Prosecco-Traube, die einen fri­schen, neutralen Weißwein liefert, der sich gut zur Versektung eignet, ist strittig ... Die schäumende Version dieses Weins geht wohl auf eine Laune der Natur zurück: Da die Gärung der erst spät reifenden Prosecco-Traube in den Win­termonaten zuweilen durch Frost unterbrochen wurde, enthielt der Wein im Frühjahr noch immer einen Teil Kohlensäure und Restsüße. Die Erfolgs­geschichte dieses Weins begann im 19. Jahrhundert, als Antonio Carpene mit drei Partnern eine Gesell­schaft zur Produktion von Champagner ins Leben rief. Champagner produzierte sie keinen, dafür aber wurde der Prosecco di Conegliano-Valdobbiadene Ende der 1980er Jahre zum beliebten Modegetränk. Heute entstehen jährlich rund 20 Millionen Fla­schen Spumante mittels Zweitgärung im Druck­tank. Wenn das Resultat dieser Tankgärung nach einmonatiger Lagerzeit mit einem Flaschendruck von mindestens drei Atmosphären gefüllt wird, erwirbt es das Recht auf die Produktbezeichnung Spumante, Schaumwein. Erreicht es diesen Druck nicht, muss es als Frizzante, Perlwein, etikettiert werden. Preislich liegt Spumante-Prosecco zwar deutlich über dem Frizzante, doch qualitativ ist der Unterschied nicht immer nachvollziehbar.

Jenseits der Colli Asolani beginnt das Anbauge­biet des Prosecco. Die DOC Prosecco di Conegli­ano-Valdobbiadene berechtigt die Weine, eine der beiden Gemeinden als Herkunftsbezeichnung zu führen.

Entnommen aus dem vorzüglichen und umfangreichen Werk Wein von André Dominé aus dem Jahr 2000, in Teilen zitiert.

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